Ist Lyoness bzw. Lyconet ein Schneeballsystem? – Erklärt anhand von AGBs und Rechenbeispielen

Die AGBs von Lyoness bzw. Lyconet erlauben mit der Möglichkeit des Kaufs von „Gutschein-Anzahlungen“ oder „Rabattgutscheinen“ den Kauf von Rabatten, ohne dass Konsumgüter gekauft werden müssen. Die Auszahlungen aus dem Rabattsystem sind abhängig von den Einkäufen von angeworbenen Mitgliedern, wobei genauso der Kauf von „Gutschein-Anzahlungen“ oder „Rabattgutscheinen“ von angeworbenen Mitgliedern miteinberechnet wird. Mit dem Anwerben von durchschnittlichen Rabattkartennutzern lässt sich nur mit unverhältnismäßigem Aufwand (Anwerben von 691 Personen) der investierte Betrag von € 2.000,- über Auszahlungen zurückerlangen. Diese Vermarktungsstrategie ist nicht lebensnah. Man wird vielmehr weitere Investoren anwerben müssen um von seiner eignen Investition in Rabatte nennenswerte Beträge zurückzuerlangen. Schätzungsweise machen der Verkauf von „Gutschein-Anzahlungen“  oder „Rabattgutscheinen“ 78-94% des Gesamtgeschäfts von Lyoness und Lyconet aus.

1. Einleitung

Schaut man heutzutage auf die Seite von https://www.lyoness.com/at, so findet man, mittlerweile unter dem Namen „cashback world“, eine „Shopping Community“ vor. Dieses Unternehmen wird von der Lyoness Europe AG, in der Schweiz, Bahnhofstrasse 22, CH-9470 Buchs, geführt, dessen selbsternanntes Ziel es ist, dass die Mitglieder beim Einkaufen mittels Rabattkarte oder Online-Shop Geld vom Einkauf zurückerhalten und „Shopping Points“ sammeln können. Shopping Points sollen langfristig wiederum Ersparnisse und Rückzahlungen bringen (https://www.lyoness.com/at/how-it-works, abgerufen am 21.12.17 um 12:31).

Die Option der kostenpflichtigen „Business- oder Premium-Mitgliedschaft“ gibt es heute vonseiten lyoness.at nicht mehr (vgl. https://derstandard.at/1389858939904/Lyoness-zahlt-Mitgliedern-Geld-zurueck ). Dafür wird nun auf lyconet.com, einer Seite, die selbst wenig verrät, von der Lyoness International AG, ebenfalls in der Schweiz in der Bahnhofstrasse 22, CH-9470 Buchs, angepriesen, dass man ein „blühendes“ Shopping Netzwerk mit Lyconet aufbauen könnte (http://www.lyconet.com/,  abger. am 21.12.17 um 12:44).

2. Kauf von Rabatten, um Rabatte zu erhalten?

Vorab muss gesagt werden, dass es rechtlich vollkommen unbedenklich ist, über Lyoness einzukaufen und die Karte als reine Kundenkarte weiterzuempfehlen. Die Frage des Schneeballsystems stellt sich aber dann, wenn es tatsächlich nicht mehr um das Einkaufen an sich geht, sondern um das Rabattsystem selbst.

Ins Auge fallen einem die ehemaligen „Gutschein-Anzahlungen“ von Lyoness und die jetzigen „Rabattgutscheine“ von Lyconet. Blickt man hierzu in die jeweiligen Allgemeinen Geschäftsbedingungen (Lyoness-ZAGB 2012 und Lyconet – Additional Terms & Conditions for Discount Vouchers), bedeutet eine „Gutschein-Anzahlung“ oder der Kauf von „Rabattgutscheinen“ einen Kauf von Rabatten im Rabattsystem:

Die „Gutschein-Anzahlung“ wird in gleicher Höhe als Gutschrift auf dem persönlichen Treuekonto des Mitglieds gutgeschrieben (Z 5.1. Lyoness-ZAGB 2012). Diese Gutschriften werden „in Verrechnungseinheiten von jeweils 50, 150, 400, 1.200 oder 4.000,- Euro (im Folgenden „Einheiten“ genannt) umgewandelt […] Die Einheiten dienen allein der Erlangung von Treuevorteilen…“ (Z 4.2. Lyoness-ZAGB 2012).

Hinter diesen gekauften Rabatten stehen keine realen Einkäufe. Der Sinn hinter dem Erwerb von Rabatten ist es, „erweiterte Vorteile“ zu erhalten (Z 1.1. Lyoness – ZAGB 2012; Z 9.1. Lyconet Agreement – 2014; Lyconet Compensation Plan S. 7, 11, 15).

Die erweiterten Vorteile werden wiederum anhand der angesammelten Restrabatte bzw. Shopping Points berechnet (welche zuvor in Einheiten umgerechnet werden). Genau hier schließt sich der Kreis: Denn diese Rabatte können in der Theorie zwar aus Einkäufen generiert werden, jedoch wird die Möglichkeit eröffnet, erweiterte Vorteile zu erhalten, wenn man jemanden anwirbt, der auch Rabatte kauft.

Die Frage ist nun, ob es Sinn macht, in das Rabattsystem von Lyoness oder Lyconet zu investieren, um dann trotzdem nur einfache Rabattkartennutzer anzuwerben. Dazu gilt es, herauszufinden, was ein durchschnittlicher Rabattkartennutzer im Jahr bei Partnerunternehmen ausgibt.

3. Was lässt sich mit dem durchschnittlichen Rabattkartennutzer verdienen?

Die Lyoness-Jahresumsätze 2011 und 2012 betrugen laut eigenen Angaben im Jahr 2011 € 785 Mio und 2012 € 1,2 Mrd (http://derstandard.at/1381369195074/Lyoness-will-sich-Rechtsstreitigkeiten-vom-Hals-schaffen). Dem steht die Mitgliederanzahl im Jahr 2011 von 1,5 Mio und 2012 von 1,9 Mio gegenüber. Daraus ergibt sich ein durchschnittlicher Umsatz pro Mitglied von € 577,46 pro Jahr.

Anhand der Gewichtung der Ausgaben in verschiedenen Lebensbereichen eines Durchschnittsverbrauchers laut der Zeitung „Die Presse“ ergibt sich im Schnitt ein Rabatt von 1,88% der in das Rabattsystem in Restrabatt bzw. Shopping Points fließt (https://diepresse.com/home/wirtschaft/economist/5103725/Wofuer-die-Oesterreicher-ihr-Geld-ausgeben). Das sind jährlich pro Rabattkartennutzer € 10,87.

Demgegenüber wird bei einer Investition in „Gutschein-Anzahlungen“  oder „Rabattgutscheine“ nun ein Fixbetrag von € 2.000,- als Anzahlung für einen Umsatz von € 20.000,- vorausgesetzt (Z 5.4. lit c Lyoness ZAGB 2012). Damit wird ein Restrabatt von 10% durch das System fingiert. Die Investition fließt zu 100% in das Rabattsystem (man kann die Rabatte direkt kaufen). 2008 hatten in Österreich laut Lyoness 7.200 Personen zumindest je € 2.000,- investiert (Kalss Rechtsgutachten zu Lyoness vom 04.03.13, S. 2).

Wirbt man nun etwa 10 weitere Mitglieder an, die wiederum € 2.000,- in das Rabattsystem investieren, so erhält man von seinen investierten € 2.000,- im Ergebnis € 2.212,- zurück. Um dasselbe Ergebnis mit einfachen Rabattkartennutzern zu erzielen, müsste man zumindest 691 durchschnittliche Rabattkartennutzer anwerben, die ein Jahr lang einkaufen gehen.

Bereits an diesem Punkt lässt sich feststellen, dass es unter den derzeitigen tatsächlichen Gegebenheiten kaum Sinn macht, € 2.000,- in Rabatte zu investieren um dann nur Rabattkartennutzer anzuwerben. Der Mehraufwand, 691 Personen anzuwerben, steht wohl in keinem Verhältnis zum Ertrag.

4. Prozentsatz von „Gutschein-Anzahlungen“  oder „Rabattgutscheinen“ vom Gesamtgeschäft

Schließlich kann man sich die Frage stellen, wie viel Prozent des Jahresumsatzes von Lyoness oder Lyconet aus dem Verkauf von „Gutschein-Anzahlungen“ oder „Rabattgutscheinen“ kommt. Dabei ist wichtig, dass der Gesamtwert der „Gutschein-Anzahlung“ oder „Rabattgutscheine“ dem Einkaufsvolumen des Kunden zugerechnet wird.

Der Gesamtwert einer „Gutschein-Anzahlung“ oder von „Rabattgutscheinen“ von € 2.000,-, beträgt  bei dem fingierten Restrabatt von 10% (siehe oben) € 20.000,-. Im Ergebnis heißt das, dass im Jahr 2008 die 7.200 Premiumpartner in Österreich allein einen fiktiven Umsatz von mindestens € 144 Mio bei Lyoness verbucht haben, ohne dass tatsächlich eingekauft wurde. Was tatsächlich an Umsatz im Jahr 2008 in Österreich verbucht worden ist, oder wie viele Premiumpartner Lyoness heute besitzt, kann nur über Umwege schätzungsweise berechnet werden:

Schließt man von der Relation des Mitgliederwachstums zum Umsatzwachstum in den Jahren 2011-12 auf die Umsätze der Vorjahre, so kommt man, wenn man das rückrechnet, auf einen vermutlichen weltweiten Umsatz von € 249 Mio in den Jahren von 2004 bis 2008 (insgesamt).

Dieser Umsatz ist nun um den fiktiven Umsatz der österreichischen Premiumpartner von € 144 Mio zu berichtigen. Von diesen € 105 Mio kann sodann der anteilige österreichische Umsatz ausgerechnet werden. Das ergibt vermutlich € 38,6 Mio, die in den Jahren 2004-08 tatsächlich aus Einkäufen resultieren. Im Ergebnis hätten dann die „Gutschein-Anzahlungen“ in Österreich in den Jahren 2004-08 mindestens 78,87% des österreichischen Umsatzes ausgemacht. Wenn man davon ausgeht, dass Premium-Partner im Schnitt nicht nur € 2.000,- sondern eher € 3.000,- investieren, kommt man sogar auf einen Anteil von 94,64%.

Im Ergebnis kann man, basierend auf diesen Berechnungen, davon ausgehen, dass ein weitaus überwiegender Anteil der Umsätze (78 – 94%) von Lyoness bzw. Lyconet über den Verkauf von Rabatten erzielt wird und der Verkauf von Konsumgütern nicht im Vordergrund steht.

Zusammenfassend kann gesagt werden, dass die bewusst geschaffene Möglichkeit, Rabatte zu kaufen, die Unwirtschaftlichkeit des Anwerbens von Rabattkartennutzern und der Anteil der Zahlungen aus „Gutschein-Anzahlung“ bzw. „Rabattgutscheinen“ nahe legen, dass es sich bei den „Gutschein-Anzahlungen“ bzw. „Rabattgutscheinen“ um ein Schneeballsystem handelt.